Jan Hoet – ein Kurzporträt

Auf der Suche nach der Kunst - und nach dem Leben
Im Jahr 1975 übernimmt der damals 39-jährige Jan Hoet das Stedelijk Museum voor Actuele Kunst, Gent. Er beginnt seine Arbeit mit einem Paukenschlag: mit dem Ankauf eines Werkes von Panamarenko, später eines Hauptwerkes von Beuys.

Hoet setzt sich gegen den Widerstand der Stadtverwaltung zur Wehr. Schon damals zeigt sich seine Kämpfernatur: Er liebt die Kunst, aber auch die Grenzen, die er Überwinden muss, um diese im öffentlichen Raum zu zeigen. Innerhalb der folgenden fünfundzwanzig Jahre kuratiert Jan Hoet eine Vielzahl von Einzelpräsentationen internationaler Künstlerinnen und Künstler sowie zahlreicher Gruppenausstellungen.

Mit der Ausstellung Chambres d‘ Amis gelingt ihm 1986 ein Coup, der Kunstgeschichte machte - die Trennung zwischen Kunst und Leben wird von Hoet einen Moment lang (in 70 Genter Privatwohnungen) Überwunden. 1992 geht für Jan Hoet ein weiterer Traum in Erfüllung - er wird Leiter der documenta 9 in Kassel.

Zur Eröffnung diskutiert er 24 Stunden mit dem Publikum über sein künstlerisches Konzept. Für Jan Hoet besteht Kunst auch aus lebendiger Auseinandersetzung. Er liebt es dabei gleichzeitig in elementaren Modellen zu denken, wie etwa >Jeder hat sich den Kontext selbst zu erschließen< oder auch >Beobachten und fragen, das ist wichtig<. Er besetzt mit Vorliebe fremde und unbekannte Territorien und riskiert es dabei das Publikum - und auch sich selbst - mit Widersprüchen zu Überraschen.

Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen sieht er im Kunstwerk ein fast sinnlich spürbares Gegenüber. Jan Hoet hasst das Akademische: Die Theorie sitzt nicht im Kunstwerk! Für ihn hat Kunst eher mit Lebendigkeit, mit einem Sinn für das Offene, Zufällige, aber auch dem Verletzlich-Melancholischen zu tun. Kunst ist für ihn vom Leben getrennt - aber was um Himmels Willen wäre das Leben ohne die Widersprüche der Kunst. Der Künstler arbeitet isoliert, aber er lebt nicht isoliert. Fragen dieser Art treiben Jan Hoet seit Jahren durch die Museumswelt. Rastlos, auf der Suche nach der Kunst und nach einem Leben, in dem die Kunst in vorderster Front ihren Ort behauptet.

Geboren 1936 in Leuven, gestorben 2014 in Gent

seit 1975 Direktor Stedelijk Museum voor Actuele
Kunst, Gent


1986 Chambres d‘ Amis, Gent

1992 Künstlerischer Leiter documenta 9, Kassel

2001 Künstlerischer Leiter Sonsbeek 9, Arnheim

seit August 2001 Direktor MARTa Herford, Herford

Ausstellungen in Montreal, Lissabon,Tokio, Hongkong, Limerick, Madrid, Tsurugi, Paris, Venedig, Barcelona, Bonn, Mexico-City

Autor: Dr. Michael Kröger

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